Auf den Ganztag gut vorbereitet: Klaus-Groth-Gemeinschaftsschule

Eine Interview vom 14.07.2015 von Stephan Lüke für www.ganztagsschulen.org

Immer mehr Schulen werden Ganztagsschulen. Viele von ihnen haben sich schon lange darauf vorbereitet. In unserer Sommerreihe heute: Die Klaus-Groth-Schule in Kiel (Schleswig-Holstein).

Im Schuljahr 2015/2016 ist es für viele Schulen endlich soweit: Sie können sich auf den Weg zur Ganztagsschule machen. Wir möchten wissen, wie so ein Umgestaltungsprozess in der Praxis verläuft. Was ist zu bedenken? Womit beginnen sie? Und wie überwinden sie die Anfangsschwierigkeiten? In unserer Sommerreihe „Auf den Ganztag gut vorbereitet“ fragen wir Schulleitungen nach ihren Erfahrungen.

Online-Redaktion: Herr Bornhalm, was hat Sie und Ihr Kollegium bewogen, die Klaus-Groth-Gemeinschaftsschule in eine Offene Ganztagsschule umzuwandeln?

Christian Bornhalm: In unserer Schule haben wir, das heißt das Kollegium, Eltern, Schülerinnen und Schüler, aber auch die Schulsozialarbeit, beobachtet, dass die sich wandelnden Lebensbedingungen in Familien auch Auswirkungen auf das Schulleben haben. Immer mehr Eltern sind berufstätig, die sozialen Kontakte im Wohnumfeld scheinen sich auszudünnen, wir brauchen mehr Integration und vieles mehr. Das erfordert immer mehr eine über den Rahmen der Familie hinausgehende Betreuung während des gesamten Tages.  In einer Zeit, in der Familien aus ganz unterschiedlichen Gründen immer stärker großen Belastungen ausgesetzt sind, braucht es einen verlässlichen und stabilen Rahmen, in dem sich Kinder und Jugendliche bewegen können. Die offene Ganztagsschule sehen wir hier als eine gute Chance, solchen neuen gesellschaftlichen Gegebenheiten durch verlässliche pädagogische Zuwendung, im Stadtteil zu entsprechen. Wichtig ist uns dabei die verlässliche Verzahnung zwischen dem Schulvor- und dem Schulnachmittag.

Online-Redaktion: Wissen Sie schon, wie viele Ihrer 505 Schülerinnen und Schüler das Ganztagsangebot annehmen werden?

Bornhalm: Ein Orientierungspunkt für uns ist eine Umfrage im vergangenen Schuljahr. Circa 75 Prozent der Schülerinnen und Schüler der dritten bis sechsten Klasse haben angegeben, dass sie ein großes Interesse an den Angeboten der OGS haben. In den höheren Klassenstufen war es nicht ganz so ausgeprägt.

Online-Redaktion: Die lange Geschichte Ihrer Schule, die aus der Fusion zweier Schulen hervorging, ist wechselhaft. Noch vor einem Jahr waren Sie eine sogenannte Regionalschule, jetzt sind Sie Gemeinschaftsschule. Immer wieder hörte man aus ihrer Schule: "Wir brauchen Ruhe". Gab es im Kollegium Widerstände gegen die OGS? Und wie haben Sie diese überwunden?

Bornhalm: In der Tat, unsere Schule hat eine sehr von Veränderung geprägte Historie, und es gibt eine Sehnsucht nach stabilen Verhältnissen. Dennoch gibt es eine breite Zustimmung im Kollegium zur OGS. Die Einführung wird als naheliegender und konsequenter Schritt, der zur unserer Schulentwicklung der vergangenen Jahre passt, empfunden. Unsere Schülerinnen und Schüler identifizieren sich genau wie das Kollegium alle sehr mit der Schule, deswegen sind Reibungspunkte oder gar Widerstand und auch Skepsis nicht erkennbar.

Online-Redaktion: Wie haben die Eltern reagiert?

Bornhalm: Es gab eigentlich nur zustimmende Reaktionen. An der Planung und konzeptionellen Arbeit haben wir die Eltern umfänglich beteiligt. Dabei sind die spezifischen Interessen der Eltern mit eingeflossen. Der Wunsch nach einer ganztägigen Betreuung der Schülerinnen und Schüler kristallisierte sich auch dabei deutlich heraus. Deshalb ist bei uns, insgesamt gesehen, die Umwandlung von einer starken Akzeptanz geprägt.

Online-Redaktion: Wie haben Sie die Idee Ganztagsschule konkret umgesetzt?

Bornhalm: Wesentliche Elemente der konkreten Umsetzung waren und sind eine regelmäßige Steuergruppenarbeit sowie die systematische Beteiligung der Schüler- und Elternvertretung. Dabei beachteten wir sehr stark den Kommunikationsgrundsatz „Lieber ein Gespräch mehr als eines zu wenig“. Wichtig und wertvoll war, dass wir den Schulträger, die Landeshauptstadt Kiel, umfassend eingebunden und die Beratungsangebote der Serviceagentur „Ganztägig lernen“ genutzt haben. Erforderlich war darüber hinaus ein starkes Insistieren bei der Immobilienwirtschaft im Zusammenhang der Umbaumaßnahmen der Mensa.

Online-Redaktion: Ihre Schule war beim Auftakt des Referenzschulnetzwerkes Schleswig-Holstein dabei. Wie haben Sie davon profitiert?

Bornhalm: Durch den ersten Austausch haben wir schon zahlreiche Anregungen für die Einführung und die Etablierung der OGS erhalten. Wir haben erste Strukturen der Zusammenarbeit geschaffen und erhoffen uns für die Zukunft durch den praktischen Austausch weitere Ideen, Empfehlungen und Überlegungen.

Online-Redaktion: Können Sie auf Unterstützung durch Land und Stadt bauen?

Bornhalm: Es gibt sowohl mit dem Land als auch mit der Stadt Kiel einen verlässlichen Rahmen: Man vermittelt uns gute Beratung, die notwendigen finanziellen Ressourcen, Umbaumaßnahmen, aber auch wichtige Kontakte für die Praxis.

Online-Redaktion: Was sind für Sie die entscheidenden Vorteile einer Ganztagsschule?

Bornhalm: Wir können die Schülerinnen und Schüler noch intensiver und individuell in den Blick nehmen. Wir hoffen, so unsere Beziehungsarbeit noch auszubauen. Die verlässliche pädagogische Zuwendung soll sich auch auf den Schulvormittag auswirken. Außerdem erleichtert die ganztägige Betreuung die Inklusion, da am Nachmittag weniger Leistungsorientierung als vielmehr Gemeinschaft praktiziert wird. Im Offenen Ganztag können wir auch die moderne Medienwelt in den Angeboten aufgreifen und schülerorientiert gestalten. Das alles trägt dazu bei, dass sich eine höhere Identifikation mit unserer Schule entwickeln kann. Die Schule wird nicht nur als Lern-, sondern auch als sozialer Lebensort empfunden.

Online-Redaktion: Genügen die räumlichen Verhältnisse in Ihrer Schule den Ansprüchen einer Offenen Ganztagsschule?

Bornhalm: Ja, die räumlichen Verhältnisse reichen aus. Wir müssen eine durch Umbaumaßnahmen Mensa errichten, die wird derzeit gebaut. Und für die Ganztagsangebote werden wir Klassen- und Fachräume nutzen.

Online-Redaktion: Mit welchen externen Partnern werden Sie zusammenarbeiten?

Bornhalm: Wir arbeiten zum Beispiel mit dem Verein „Pädiko“ zusammen, der Träger der OGS ist. Aber wir besitzen auch zahlreiche Kontakte zu verschiedenen Einrichtungen, Institutionen und Initiativen im Stadtteil, die wir für den Ganztag nutzen wollen. Natürlich ist auch der Schulträger, die Landeshauptstadt Kiel, unser Partner.

Online-Redaktion: Nach den Sommerferien geht es los mit der OGS. Welche Aufgaben, die einen gelingenden Start garantieren, müssen Sie und Ihr Kollegium noch in den Ferien bewältigen?

Bornhalm: Der Umbau der Mensa muss zum Beispiel begleitet werden. Das übernimmt die Schulleitung. Außerdem bereiten wir auf unserer Schulhomepage (www.klaus-groth-kiel.de) einen neuen Bereich für die OGS vor. Alles in allem haben wir den Eindruck, dass wir gut vorgearbeitet haben und dass der Start gelingen wird.

Online-Redaktion: Wenn Sie nach vorne schauen: Was soll die Klaus-Groth-Schule 2020 einmal auszeichnen?

Bornhalm: Unsere Schule will sich zukunftsfähig aufstellen. Wir wollen eine an der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler orientierte Schulpraxis und wünschen uns eine ausgeprägte Identifikation mit unserer Schule. Wir glauben mit den eingeleiteten Schritten auf einem guten Wege zur Schule 2020 zu sein.

Quelle: Stephan Lüke, Auf den Ganztag gut vorbereitet: Klaus-Groth-Gemeinschaftsschule, 14.07.2015, In: http://www.ganztagsschulen.org/de/9772.php, Datum des Zugriffs: 15.07.2015